3.12.2  Unbestimmtheiten vom Typ .

Theorem 3.12.10. Für die differenzierbare Funktionen f :]a,b[ und g :]a,b[ gelte g(x)0 sowie

lim xaf(x) = lim xag(x) = .

Wir nehmen an, dass der Grenzwert

A = lim xaf(x) g(x),A , (3.50)

existiert. Dann existiert auch der Grenzwert

lim xaf(x) g(x) = A. (3.51)

Beweis. Im Gegensatz zum Beweis von Satz 3.12.6 lassen sich die Funktionen f und g nicht stetig in den Punkt a fortsetzen. Damit ist die Formel von Cauchy nicht direkt anwendbar. Wir wenden deshalb eine andere Strategie an.

Die Voraussetzung (3.50) bedeutet, dass

ε>0δ>0xU(a,δ)]a,b[ f(x) g(x) A < ε. (3.52)

Wir betrachten nun zwei Punkte x und x0 mit a < x < x0 < a + δ. Nach der Formel von Cauchy gilt

f(x) f(x0) g(x) g(x0) = f(c) g(c)

für ein geeignetes c ]x,x0[]a,a + δ[. Aus (3.52) folgt deshalb

x,x0]a,a+δ[ f(x) f(x0) g(x) g(x0) A < ε. (3.53)

Wir halten im weiteren den Wert von x0 fest und betrachten den Grenzfall x 0. Zunähst gilt f(x) g(x) A = f(x) g(x) f(x) f(x0) g(x) g(x0) + f(x) f(x0) g(x) g(x0) A f(x) g(x) f(x) f(x0) g(x) g(x0) + ε.

Wir benutzen nun die Bezeichnung

Ix0(x) = f(x) g(x) f(x) f(x0) g(x) g(x0)

und erhalten Ix0(x) = f(x)g(x) f(x)g(x0) f(x)g(x) + f(x0)g(x) g(x)(g(x) g(x0)) = f(x0)g(x) f(x)g(x0) + f(x0)g(x0) f(x0)g(x0) g(x)(g(x) g(x0)) = g(x0)(f(x0) f(x)) + f(x0)(g(x) g(x0)) g(x)(g(x) g(x0)) = g(x0) g(x) f(x) f(x0) g(x) g(x0) + f(x0) g(x) .

Aus (3.53) folgt

f(x) f(x0) g(x) g(x0) < |A| + ε

und damit

|Ix0(x)||g(x0)| |g(x)| (|A| + ε) + |f(x0)| |g(x)| .

Wegen g(x) für x a folgt Ix0(x) 0 für x a und damit

f(x) g(x) A < |Ix0(x)| + ε 2ε

für a < x < a + δ̃ mit genügend kleinem δ̃ > 0. Dies impliziert (3.51). □

Grenzwerte lim xaf(x)g(x) vom Typ 0 behandelt man wegen f(x)g(x) = 1 1 g(x) wie Unbestimmtheiten vom Typ 00. Grenzwerte lim xaf(x)g(x) vom Typ 1, 00 oder 0 führen wegen f(x)g(x) = eg(x) ln f(x) und der Stetigkeit der Exponentialfunktion auf die Behandlung von Unbestimmtheiten vom Typ 0 zurück.