4.8.1  Die Lagrangesche Interpolationsformel.

Wir betrachten eine Funktion f : [a,b] und es sei a < a < b < b. Desweiteren sei δ = {xk}k=0n eine Zerlegung von [a,b]

a = x0 < x1 < < xn1 < xn = b.

Uns interessiert die Frage, welches Polynom Pn(x) vom Grad deg(Pn) n mit f in allen Punkten xk übereinstimmt:

Pn(xk) = f(xk),k = 0,,n. (4.45)

Betrachtet man den Ausdruck

Q(n,k)(x) = j=0,jkn(x x j) j=0,jkn(xk xj),k = 0,,n,

so findet man dass deg Q(n,k) = n,

Q(n,k)(x j) = 0fürjk,Q(n,k)(x k) = 1.

Mit Hilfe dieser Terme konstruiert man leicht das Polynom Pn(x) mit der Eigenschaft (4.45) in der Form

Pn(x) = k=0nf(x k)Q(n,k)(x).

Das Polynom Pn ist zudem eindeutig bestimmt: Falls P̃(xk) = f(xk) = Pn(xk) für k = 0,,n und deg P̃ n, so besitzt das Polynom R(x) = Pn(x) P̃(x) = 0 vom Grad deg R n mindestens n + 1 verschiedene Nullstellen x = xk für k = 0,,n. Ein Polynom, dessen Grad n nicht übersteigt, besitzt entweder höchstens n verschiedene Nullstellen oder ist berall gleich Null. Daraus folgt R 0 und somit Pn = P̃. Ist insbesondere die Funktion f ein Polynom vom Grad deg f n , so gilt Pn(x) = f(x) für alle x.

Der folgende Satz erlaubt eine Fehlerabschätzung für die Approximation von f durch Pn.

Theorem 4.8.1. Es sei f Cn+1([a,b], ). Dann existiert für beliebiges x [a,b] ein Punkt ξ = ξ(x) [a,b], so dass

f(x) Pn(x) = 1 (n + 1)!f(n+1)(ξ)(x x 0)(x x1)(x xn). (4.46)

Beweis. Wir betrachten die Funktion g(x) = f(x) Pn(x). Dann gilt g Cn+1([a,b], ) sowie

g(xk) = 0fürk = 0,n. (4.47)

Da die (n + 1)-te Ableitung eines Polynoms vom Grad deg Pn n verschwindet, so gilt zudem g(n+1)(x) = f(n+1)(x) für alle x [a,b]. Die Identität (4.46) ist dann gleichbedeutend mit

g(x) = 1 (n + 1)!g(n+1)(ξ)(x x 0)(x xn),x [a,b], (4.48)

für geeignetes ξ = ξ(x) [a,b].

Wir führen den Beweis indirekt. Als stetige Funktion nimmt g(n+1) auf [a,b] alle Werte zwischen

m = min x[a,b]g(n+1)(x),M = max x[a,b]g(n+1)(x)

an. Wegen (4.47) ist die Gegenannahme zu (4.48), dass

g(x̃) = 1 (n + 1)!c(x̃ x0)(x̃ xn)

für ein gewisses x̃ [a,b], x̃xk für k = 0,,n mit

c < moderc > M. (4.49)

Es sei

h(x) = g(x) c (n + 1)!(x x0)(x xn).

Dann gilt h(n+1)(x) = g(n+1)(x) c und wegen (4.49) folglich

entwederh(n+1)(x) > 0oderh(n+1)(x) < 0für  allex [a,b]. (4.50)

Auf der anderen Seite wissen wir, dass h(x) mindestens n + 2 verschiedene Nullstellen besitzt, nämlich

h(x) = 0fürx Y = {x0,,xn,x̃}.

Wir ordnen die Elemente von Y ihrer Grösse nach und bezeichnen diese mit

ξ0(0) < ξ 1(0) < < ξ n(0) < ξ n+1(0).

Nach dem Satz von Rolle verschwindet die erste Ableitung h(1) in jeweils einem Punkt ξl(1) im Inneren jedes Intervalls ]ξl(0),ξ l+1(0)[, l = 0,,n. Damit besitzt h(1) mindestens n + 1 verschiedene Nullstellen ξl(1). Setzt man dieses Argument iterativ fort, so besitzt die k-te Ableitung h(k) mindestens n + 2 k verschiedene Nullstellen ξl(k) ]ξ l(k1),ξ l(k1)[, l = 0,,n + 1 k und k = 0,,n + 1. Insbesondere besitzt h(n+1) mindestens eine Nullstelle ξ0(n+1). Dies steht im Widerspruch zu (4.50). □

Für Anwendungen ist es oft besser, eine Funktion stückweise mit Polynomen kleinen Grades zu approximieren, anstatt zu versuchen, die Funktion auf dem gesamten Definitionsbereich durch ein Polynom hohen Grades anzunähern. Auf diesem Wege werden wir nun verschiedene Integrationsformeln herleiten.