2.11.2  Die Eigenschaften der Exponentialfunktion - Multiplikativität.

Theorem 2.11.3. Für beliebige z,w gilt

exp(z) exp(w) = exp(z + w). (2.57)

Beweis. Wegen der Konvergenz von tn(z) gegen exp(z), von tn(w) gegen exp(w) sowie von tn(z + w) gegen exp(z + w) genügt es zu zeigen, dass

lim n(tn(z) tn(w) tn(z + w)) = 0. (2.58)

Aus der Definition von tn(z) und tn(w) folgt15 tn(z)tn(w) = p=0nzp p! q=0nwq q! = p,q=0nzpwq p!q! = p+qnp,q=0nzpwq p!q! S1(z,w,n) + p+q>np,q=0nzpwq p!q! S2(z,w,n). (2.59)

Wir betrachten nun die Summen S1(z,w,n) und S2(z,w,n) im Einzelnen. Durch Einführen einer neuen Summationsvariablen k = p + q und eine entsprechende Substitution q = k p kann wegen k p = k! p!(kp)! die Doppelsumme für S1(z,w,n) folgendermaßen geschrieben werden

S1(z,w,n) = k=0n p=0k zpwkp p!(k p)! = k=0n 1 k! p=0kk pzpwkp.

Nach dem binomischen Lehrsatz ergibt sich

S1(z,w,n) = k=0n 1 k!(z + w)k = t n(z + w).

Damit gilt wegen (2.59)

|tn(z) tn(w) tn(z + w)| = |S2(z,w,n)|, (2.60)

dessen Grösse wir im weiteren abschätzen.

Dazu stellen wir zunächst fest, dass die Doppelsumme für S2(z,w,n) über die ganzen Zahlen p,q mit 0 p,q n und p + q > n genau 21n(n + 1) Summanden enthält. Tatsächlich, für gegebenes p läuft der Summationsindex q lediglich von n p + 1 bis n, was genau p Summanden erzeugt. Diese Anzahl ist dann für p = 1,,n aufzusummieren.

Desweiteren gilt für p,q mit 0 p,q n und p + q > n die Abschätzung16

p!q! n 2! 2 (2.61)

Diese folgt wegen p + q n + 1 induktiv aus der Kette von Ungleichungen

1 n! 2! (n 1)! l!(n l)! n 2! n n 2!

für 1 l n 2 .

Es sei C = max{|z|,|w|, 1}. Dann lässt sich nach (2.61) wegen p + q 2n jeder Summand in der Summe S2(z,w,n) durch

zpwq p!q! Cp+q n 2 ! n 2 ! C2n n 2! 2.

Unter Berücksichtigung der Anzahl der Summanden ergibt sich

|S2(z,w,n)|n(n + 1) 2 C2n n 2! 2.

Wegen

lim nn(n + 1) 2 C2n n 2! 2 = 0 (2.62)

und (2.60) folgt daraus lim n|S2(z,w,n)| = 0 und nach Aufgabe 2.8.9 der Grenzwert (2.58). □

Problem 2.11.4. Verifizieren Sie (2.62)!

Wir ziehen nun einige Folgerungen aus der Multiplikativiät. Direkt aus der Definition der exp-Funktion ergibt sich

exp(0) = 1, exp(1) = e, exp(t) > 0für  allet > 0.

Dann folgt schrittweise exp(n) = en, (exp(m1))m = exp(1) = e und damit exp(nm1) = enm für n,m . Weiterhin erhält man aus

exp(z) exp(z) = exp(0) = 1

zunächst exp(z)0 für  alle z , exp(t) > 0 für  alle t ,

und darüber hinaus wegen exp(nm1) = enm schliesslich

exp(r) = erfür  aller .

15Wir verwenden hier der Kürze halber die Konvention z0 = 1 auch für z = 0.

16Hier bezeichnet n 2 den ganzzahligen Anteil von n2, d.h. die grösste ganze Zahl, welche n2 nicht übersteigt.