4.2.2  Die Additivität des Riemann-Integrals bezüglich des Integrationsbereiches.

Theorem 4.2.2. Wir betrachten eine Funktion f : [a,b] sowie einen Punkt c ]a,b[. Dann gilt

f R[a,b] f|[a,c] R[a,c] f|[c,b] R[c,b].

Im Falle der Integrierbarkeit gilt zudem

abf(x)dx =acf(x)dx +cbf(x)dx. (4.9)

Beweis. Wir betrachten die Implikation . Aus (4.5) folgt, dass f|[a,c] R[a,c] und f|[c,b] R[c,b]. Wir betrachten Zerlegungen δ = {xk}k=0n mit c δ. Es sei c = xM. Dann ist δ = {x k}k=0M eine Zerlegung von [a,c] und δ = {x k}k=Mn eine Zerlegung von [c,b], wobei

λ(δ) λ(δ)undλ(δ) λ(δ)

gilt. Ebenso zerfällt ein Satz von Stützstellen ξ = {ξk}k=0n1 für δ in zwei Sätze ξ = {ξ k}k=0M1 und ξ = {ξ k}k=Mn1 von Stützstellen für δ und δ, und Σ(f; δ,ξ) = k=0n1f(ξ k)Δxk = k=0M1f(ξ k)Δxk + k=Mn1f(ξ k)Δxk = Σ(f|[a,c]; δ,ξ) + Σ(f| [c,b]; δ,ξ). (4.10)

Aufgrund der Integrierbarkeitseigenschaften gilt Σ(f; δ,ξ) λ(δ) 0 abf(x)dx, Σ(f|[a,c]; δ,ξ) λ(δ) 0 λ(δ) 0 acf(x)dx, Σ(f|[c,b]; δ,ξ) λ(δ) 0 λ(δ) 0 cbf(x)dx,

und der Grenzübergang in (4.10) liefert (4.9).

Zum Beweis der Implikation betrachten wir eine Zerlegung δ von [a,b]. Für ein gewisses M gilt c ΔM und wir setzen entsprechend δ = {x k} k=0M+1 = {x 0,,xM,c} falls cxM, δ = {x k} k=0M = {x 0,,xM} falls c = xM,

sowie

δ = {x k} k=0nM = {c,x M+1,,xn}.

Dies sind Zerlegungen für [a,c] bzw. für [c,b]. Dann gilt k=0n1ω(f, Δ k)Δxk = k=0;kMn1ω(f, Δ k)Δxk + ω(f, ΔM)ΔxM = k=0MbzwM+1ω(f, Δ k)Δx k + k=0nMω(f, Δ k)Δx k + R

mit R = ω(f, [xM,xM+1])(xM+1 xM) ω(f, [xM,c])(c xM) ω(f, [c,xM+1])(xM+1 c).

Wegen f R[a,c] und f R[c,b] findet man nach Satz 4.1.10 ein Λε > 0, so dass

k=0Mbzw.M+1ω(f, Δ k)Δx k < ε, k=0nMω(f, Δ k)Δx k < ε.

Zudem ist f dann auf [a,b] beschränkt, d.h. |f(x)| C für alle x [a,b] und damit

|R| 4C(xM+1 xM) 4Cλ(δ).

Zusammenfassend gilt wegen λ(δ) λ(δ) und λ(δ) λ(δ) für λ(δ) < min{ε, Λε} auch

k=0n1ω(f, Δ k)Δxk 2ε + 4Cλ(δ) (2 + 4C)ε.

Damit folgt nach Satz 4.1.10 f R[a,b]. Die Formel (4.9) ergibt sich aus dem ersten Teil des Beweises. □

An dieser Stelle erweist es sich als nützlich für Funktionen f R[a,b], a < b, die Bezeichnung

baf(x)dx := abf(x)dx (4.11)

einzuführen. Mit dieser Konvention ist das Riemann-Integral ein gerichtetes Integral: Sein Wert hängt von der Integrationsrichtung ab. Für beliebige Punkte cj [a,b], j = 1, 2, 3 gilt dann wegen (4.9) und (4.11) sofort

c1c3 f(x)dx =c1c2 f(x)dx +c2c3 f(x)dx, (4.12)

unabhängig von der relativen Lage der drei Punkte zueinander.