1.10.4  Was ist endlich und unendlich?

Dem anschaulichen Verständnis nach enthält eine Menge endlich viele Elemente, wenn man diese abzählen kann und der Zählprozess abbricht, d.h. wenn die Menge gleichmächtig zu Mn = {1, 2,n} für gewisses n ist. Es ist aber für das Verständnis des Begriffes der Endlichkeit wichtig einzusehen, dass diese mit Hilfe einer weiteren grundlegenden Eigenschaften von Mengen definiert werden kann, welche selbst keinen Rückgriff auf die natürlichen Zahlen erfordert.

Zur Motivation betrachten wir jedoch nochmals die Menge Mn für ein gewisses n , welche ja als endlich verstanden werden soll. Wenn man aus dieser Menge eines oder mehrere Elemente entfernt, so enthält die verbleibende Restmenge R strikt weniger Elemente als Mn, d.h.

card(R) < card(Mn).

Insbesondere ist R damit nicht zu Mn gleichmächtig.

Problem 1.10.11. Beweisen Sie, dass die Menge Mn = {1, 2,n} mit n keine echte Teilmenge enthält, welche zu Mn gleichmächtig ist.

Letztere Aussage gilt so nicht bei Mengen, die dem allgemeinem Verständnis nach als unendlich zu verstehen sind: Zum Beispiel bildet die Abbildung f(n) = n + 1 eine Bijektion zwischen und = \{1}, wobei eine echte Teilmenge von ist. Damit sind folgende Definitionen motiviert:

Definition 1.10.12. Eine Menge A (bzw. deren Kardinalzahl) heisst endlich (finit), wenn sie keine echte zu sich gleichmächtige Untermenge enthält:

A1AA1A(A1 A).

Eine Menge A (bzw. deren Kardinalzahl) heisst unendlich (infinit, transfinit), wenn sie eine zu sich gleichmächtige, echte Teilmenge enthält:

A1AA1A(A1 A).