2.10.1  Die ε-δ-Definition und die Folgendefinition des Grenzwertes einer Funktion.

Im Weiteren seien (M1,d1) und (M2,d2) metrische Räume, X M1 sowie f eine Funktion f : X Y . Desweiteren gelte x0 acc(X) sowie y0 M2.

Definition 2.10.1. Man sagt, dass y0 der Grenzwert von f(x) für x x0 ist und schreibt y0 = lim xx0f(x), genau dann wenn folgende Aussage wahr ist

ε>0δε>0xUδε(x0)(X\{x0})f(x) Uε(y0). (2.55)

Beachten Sie, dass der Punkt x0 selbst bei der Berechnung des Grenzwertes aus der Betrachtung ausgeschlossen wird! Die oben angegebene Definition wird häufig als die ε-δ-Definition des Grenzwertes von Funktionen bezeichnet.

Example 2.10.2. Es sei f : mit f(x) = x für x0 sowie f(0) = 1. Dann gilt lim x0f(x) = 0f(0).

Problem 2.10.3. Beweisen Sie, dass der Grenzwert y0 von f(x) für x x0, sofern er existiert, immer eindeutig bestimmt ist.

 

Problem 2.10.4. Die Existenz und der Wert des Grenzwertes einer Funktion sind unabhängig vom Verhalten der Funktion f ausserhalb der Umgebung Uδ(x0) für ein beliebig gewähltes δ > 0.

 

Problem 2.10.5. Es sei y0 der Grenzwert von f(x) für x x0. Dann existiert ein δ > 0, so dass f auf Uδ(x0) X beschränkt ist, d.h. es gibt eine endliche Konstante C und ein δ > 0, so dass d2(y0,f(x)) C für alle x Uδ(x0) X.

 

Problem 2.10.6. Es sei y0 der Grenzwert von f(x) für x x0. Ist X̃ eine Teilmenge von X und x0 acc(X), so erhält man

y0 = lim xx0f|X̃(x).

Im nächsten Satz formulieren wir eine wichtige äquivalente Charakterisierung de Grenzwertbegriffes für Funktionen, welche man manchmal auch als die Folgendefinition bezeichnet:

Theorem 2.10.7. Der Wert y0 ist der Grenzwert von f(x) für x x0 genau dann wenn für jede Folge {xk}k=1 mit Gliedern xk X \{x0}, welche gegen x0 konvergiert, die Folge der Funktionswerte yk = f(xk) stets gegen y0 konvergiert, d.h.

y0 = lim xx0f(x) {xk}k,x kX\{x0}(lim kxk = x0 lim kf(xk) = y0).

Beweis. Zum Beweis der Implikation betrachten wir eine Folge von Gliedern xk X, xkx0 mit x0 = lim kxk. Für diese Folge gibt es zu jedem δ > 0 ein Nδ mit der Eigenschaft, dass xk Uδ(x0) für alle k Nδ. Man wähle nun ein beliebiges ε > 0. Dann existiert nach (2.55) ein δε > 0, so dass f(x) Uε(y0) für alle x Uδε(x0) (X \{x0}). Da insbesondere xk Uδε(x0) (X \{x0}) für alle k Nδε, so gilt yk = f(xk) Uε(y0) für alle k Nδε und damit y0 = lim kyk.

Die Richtung beweisen wir indirekt ausgehend von der Gegenannahme

ε0>0δ>0xδUδ(x0)(X\{x0}) d(f(xδ),y0) ε0 f(xδ)Uε 0(x0).

Wir betrachten nun δ = δk = k1, k . Dann gibt es Elemente xk Uk1(x0) (X \{x0}) mit der Eigenschaft yk = f(xk)Uε0(y0). Die Folge {xk}k=1 konvergiert offensichtlich gegen x0 für k während d(yk,y0) ε0 > 0, d.h. yk↛y0. Dies widerspricht aber der Voraussetzung lim kxk = x0 lim kf(xk) = y0. □

Wir betonen nochmals, dass in der Folgendefinition yk = f(xk) nicht nur immer konvergiert falls xk x0, sonder dass yk immer gegen ein und denselben Grenzwert y0 konvergiert, unabhängig von der konkreten Wahl der Argumentenfolge xk x0. In diesem Zusammenhang wird die Folgendefinition häufig angewendet, um die Existenz eines Grenzwertes zu widerlegen, wie das nächste Beispiel zeigt:

Example 2.10.8. Es sei X = 2 \{0} und f : X ist gegeben durch

f(x) = ξ12 ξ 22 ξ12 + ξ22,x = (ξ1,ξ2) 2.

Diese Funktion besitzt keinen Grenzwert für x (0, 0). Tatsächlich, wir betrachten zunächst die Folge der Argumente xk = (k1,k1) (0, 0). Da wir für ξ1 = ξ2 = k1 den Funktionswert yk = f(xk) = 0 erhalten, so gilt yk 0. Wählen wir jedoch xk = (k1, 0) (0, 0), so gilt yk = f(x k) = 1↛0.