4.7.1  Formulierung und Beweis.

Wir betrachten eine Funktion f : X Kn, wobei X eine offene Teilmenge von K {, } ist. Ist f in einem Punkt x0 X m-fach differenzierbar, so gilt nach (3.31) - (3.32)

f(x0 + h) = f(x0) + + f(m)(x 0)hm m! + rm(x0; h),rm(x0; h)= h 0o(hm).

Dies ist eine Aussage über das asymptotische Verhalten von f in einer beliebig kleinen Umgebung von x0 im Grenzwert h 0, liefert aber keine effektive Aussage für die Differenz von f(x0 + h) f(x0) für irgend einen fest vorgegebenen Wert von h0. Folgender Satz liefert eine solche Abschätzung, inwiefern eine genügend oft differenzierbare Funktion in der Umgebung eines Punktes durch ein Polynom approximiert werden kann.

Theorem 4.7.1. Es sei X eine offene Teilmenge von K = {, }, welche für ein gegebenes h K, h0 die abgeschlossene Strecke Ih(x0) := {x0 + th,0 t 1} enthält. Ist die Funktion f in den Punkten von Ih(x0) m + 1-fach differenzierbar und ist die Einschränkung von f(m+1) auf Ih(x0) stetig, so gilt f(x0 + h) = f(x0) + + f(m)(x 0)hm m! + rm(x0; h), (4.40) rm(x0; h) = hm+1 m! 01f(m+1)(x 0 + th)(1 t)mdt. (4.41)

Beweis. Es genügt den Fall n = 1 zu betrachten, der allgemeine Fall folgt dann durch komponentweise Anwendung der Formeln (4.40), (4.41). Wir führen den Beweis mit Hilfe der vollständigen Induktion. Für m = 0 gilt mit φ(t) = f(x0 + th), dass r0(x0; h) = f(x0 + h) f(x0) = φ(1) φ(0) = 01φ(t)dt = h01f(x 0 + th)dt.

Für den Induktionsschritt setzten wir (4.40), (4.41) für gegebenes m voraus. Aus f(x0 + h) = f(x0) + + f(m)(x 0)hm m! + rm(x0; h) = f(x0) + + f(m+1)(x 0)hm+1 (m + 1)! + rm+1(x0; h)

folgt die Beziehung

rm(x0; h) = f(m+1)(x 0) (m + 1)! hm+1 + r m+1(x0; h) (4.42)

zwischen den Restgliedern rm(x0; h) und rm+1(x0; h). Nach (4.41) gilt zudem

rm(x0; h) = hm+101v(t)u(t)dt

mit v(t) = f(m+1)(x 0 + th), v(t) = hf(m+2)(x 0 + th), u(t) = 1 (1 t)m+1 (m + 1)! , u(t) = (1 t)m m! .

Partielle Integration ergibt nun rm(x0; h) = hm+1v(t)u(t)| 01 hm+101v(t)u(t)dt = hm+1f(m+1)(x 0 + h) (m + 1)! (4.43) hm+101hf(m+2)(x 0 + ht)1 (1 t)m+1 (m + 1)! dt

Berücksichtigt man hier die Identität

01hf(m+2)(x 0 + ht) dt (m + 1)! = f(m+1)(x 0 + h) (m + 1)! f(m+1)(x 0) (m + 1)! ,

so ergibt sich aus (4.43) rm(x0; h) = hm+1f(m+1)(x 0) (m + 1)! + hm+2 (m + 1)!01f(m+2)(x 0 + th)(1 t)m+1dt.

Zusammen mit (4.42) erhalten wir

rm+1(x0; h) = hm+2 (m + 1)!01f(m+2)(x 0 + th)(1 t)m+1dt.

Dies entspricht (4.40), (4.41), wobei m durch m + 1 ersetzt ist, was den Induktionsbeweis abschliesst. □