2.13.2  Das Kompaktheitskriterium von Bolzano.

Folgender Satz von Bolzano charakterisiert die kompakten Mengen im (endlichdimensionalen) metrischen Raum (Kn,d ) für K = oder K = .

Theorem 2.13.3. Eine Menge X n bzw. X n, n , ist kompakt, genau dann wenn diese Menge beschränkt und abgeschlossen ist.

Beweis. Da n und 2n bezüglich der Norm isomorph sind, so genügt es, den Fall X n zu betrachten.

Wir nehmen zunächst an, dass X kompakt ist und beweisen, dass X beschränkt und abgeschlossen ist.

Angenommen X ist unbeschränkt. Dann existiert zu jedem k ein Element xk X mit xk k. Jede Teilfolge von {xk}k=1 ist unbeschränkt und damit divergent. Dies ist ein Widerspruch zur Kompaktheit von X, damit ist X beschränkt.

Die Abgeschlossenheit von X ist gleichbedeutend mit X = X¯. Letzteres ist die Menge aller Grenzwerte von Folgen aus X. Wir betrachten daher für einen beliebigen Punkt ξ X¯ eine gegen ξ konvergente Folge {xk}k=1 von Gliedern xk X. Damit konvergiert aber auch jede beliebige Teilfolge {xkj}j=1 von {xk}k=1 gegen ξ (vergleiche Satz 2.1.9). Da X kompakt ist, so besitzt mindestens eine der Teilfolgen einen Grenzwert in X. Aus der Eindeutigkeit des Grenzwertes folgt ξ X und (wegen der offensichtlichen Inklusion X X¯) auch X = X¯.

Umgekehrt sei X jetzt beschränkt und abgeschlossen. Dann existiert ein genügend grosser Würfel

WL = {x||πk(x)| L,k = 1,,n}

der Kantenlänge 2L, welcher X enthält. Es sei {xk}k=1 eine Folge von Gliedern xk X. Durch Halbierung der Seiten teilen wir WL in 2n Teilwürfel. Mindestens einer dieser Teilwürfel enthält unendlich viele Folgenglieder aus {xk}k=1, welche wir (für einen ausgezeichneten Teilwürfel) in einer Teilfolge {xk(1)} k=1 von {xk}k=1 sammeln. Wir wiederholen diese Teilung iterativ. Im j-ten Schritt wählen wir eine unendliche Teilfolge {xk(j)} k=1 von {xk(j1)} k=1 in einem der Teilwürfel der Kantenlänge 21jL.

Wir betrachten nun die Diagonalfolge {xk(k)} k = {x̃k}k. Man sieht leicht, dass dies eine Teilfolge von {xk}k=1 ist. Die Glieder x̃m,x̃m liegen für m,m N im gleichen Teilwürfel der Seitenlänge 21NL, d.h.

x̃mx̃m 21NLn.

Für grosse N wird die rechte Seite dieser Abschätzung beliebig klein, woraus schliesslich {x̃k}k=1 CF(n) folgt. Wegen der Vollständigkeit von n existiert damit ein Grenzwert ξ n der Folge {x̃k}k=1. Da X abgeschlossen ist und somit X = X¯ gilt, so enthält X jeden möglichen Grenzwert einer Folge aus X. Damit gilt ξ X und wir haben aus einer gegebenen Folge {xk}k=1 eine Teilfolge {x̃k}k=1 gewählt, welche gegen ein Element ξ X konvergiert. Somit ist die Menge X kompakt. □

Aus dem Satz von Bolzano erhält man für kompakte Teilmengen von zudem folgende wichtige Eigenschaft:

Theorem 2.13.4. Die Menge X sei eine nichtleere, kompakte Teilmenge von . Dann besitzt X ein Minimum und ein Maximum.

Beweis. Als kompakte Menge in ist X beschränkt. Damit existieren nach dem Satz über das Supremum und das Infimum reelle Zahlen x± mit

x+ = sup X,x = inf X.

Da x+ die kleinste obere Schranke von X beschreibt, so ist für beliebiges k der Durchschnitt ]x+ 1 k,x+] X nichtleer. Dann kann man aber eine Folge von Gliedern xk ]x+ 1 k,x+] X auswählen, welche offensichtlich gegen x+ konvergiert. Als kompakte Menge ist X abgeschlossen, d.h. x+ X. Damit ist x+ eine obere Schranke von X welche in X enthalten ist, d.h. x+ = max X.

Ebenso beweist man x = min X. □

Wir merken an, dass das Kriterium von Bolzano in beliebigen metrischen Räumen, insbesondere unendlichdimensionalen Räumen, im allgemeinen nicht gilt.