3.11.3  Wendepunkte von Funktionen.

Für eine differenzierbare konvexe Funktion f :]a,b[ gilt nach Satz 3.11.3 φ(f; h,x) f(x 0) = f(x) für h < 0, φ(f; h,x) f(x + 0) = f(x) für h > 0,

für x ]a,b[ und x + h ]a,b[. Dies impliziert f(x + h) f(x) + hf(x) für h < 0, f(x + h) f(x) + hf(x) für h < 0.

Der Graph einer konvexen Funktion auf dem Intervall ]a,b[ liegt damit immer über oder auf jeder Tangente, welche in diesem Intervall an diesen Graph gelegt wird. Umgekehrt liegt der Graph einer konkaven Funktion immer unter oder auf jeder solchen Tangente. Wechselt in einem Punkt c ]a,b[ die Funktion von konvexem zu konkavem Verhalten, so durchdringt die Tangente in diesem Punkt die Kurve: Auf einer Seite liegt die Tangente über und auf der anderen Seite unter dem Graphen der Funktion.

Definition 3.11.7. Eine im Intervall ]a,b[ differenzierbare Funktion f :]a,b[ besitzt im Punkt c ]a,b[ genau dann einen Wendepunkt, wenn ein ε > 0 existiert, so dass f in ]c ε,c[ konvex (konkav) und in ]c,c + ε[ konkav (konvex) ist. Die Tangente an den Graph der Funktion f im Wendepunkt (c,f(c)) heisst Wendetangente.

Theorem 3.11.8. Die stetig13 differenzierbare Funktion f :]a,b[ besitze im Punkt c ]a,b[ einen Wendepunkt. Dann nimmt die Ableitung f im Punkt c ein lokales Extremum an.

Beweis. Ein Wendepunkt c teilt ein konvexes von einem konkaven Kurvenstck. Nach Satz 3.11.5 ist dies gleichbedeutend damit, dass f das Monotonieverhalten im Punkt c ändert, d.h.

f(x) f(c)fürx ]c ε,c[,f(x) f(c)fürx ]c,c + ε[

oder

f(x) f(c)fürx ]c ε,c[,f(x) f(c)fürx ]c,c + ε[.

In beiden Fällen ist aufgrund der Stetigkeit f(c) ein lokaler Extremwert für f. □

Theorem 3.11.9. Die zweifach differenzierbare Funktion f :]a,b[ besitze im Punkt c ]a,b[ einen Wendepunkt. Dann gilt f(c) = 0.

Beweis. Nach dem Satz von Fermat ist f(c) = 0 eine notwendige Bedingung dafür, dass die differenzierbare (und damit stetige) Funktion f :]a,b[ , wie im Satz 3.11.8 bewiesen, im Wendepunkt c ein lokales Extremum annimmt. □

Man kann nun Satz 3.10.9 für den Fall von Wendepunkten modifizieren.

Theorem 3.11.10. Die in ]a,b[ differenzierbare Funktion f :]a,b[ besitze n + 1 Ableitungen im Punkt c ]a,b[ und es gelte

f(1)(c) = = f(n)(c) = 0

sowie f(n+1)(c)0, wobei n eine gerade natürliche Zahl ist. Dann besitzt f in c einen Wendepunkt.

Beweis. Es sei n = 2k mit k . O.B.d.A. sei f(n+1)(c) > 0. Wendet man den Satz von Taylor für f(2) im Punkt c an, so erhält man

f(2)(c + h) = f(2k+1)(c) (2k 1)! h2k1 + o(h2k1)fürh 0.

Daraus folgt, dass f(2)(c + h) < 0 für h ] ε, 0[ und f(2)(c + h) > 0 für h ]0,ε[ für genügend kleines ε > 0. Nach Satz 3.10.2 ist f damit monoton fallend in ]c ε,c[ und monoton wachsend für ]c,c + ε[. Also ist f in ]c ε,c[ konkav und in ]c,c + ε[ konvex. Damit ist c ein Wendepunkt. □

13Mit Hilfe des später formulierten Satzes von Darboux (Die Ableitung einer in ]a,b[ differenzierbaren Funktion besitzt keine Sprungstellen.) kann man zeigen, dass der hier formulierte Satz auch ohne diese Stetigkeitsbedingung gilt.