3.15.1  Die Regula falsi.

Die Grundidee der Regula falsi (der Sehnenmethode) besteht darin, die Kurve (x,f(x)) durch die Sehne durch die Punkte (a,f(a)) und (b,f(b)) anzunähern. Diese Gerade ist gegeben durch

g(x) = f(a) + f(b) f(a) b a (x a)

und die Gleichung g(x) = 0, welche unser eigentliches Problem f(x) = 0 approximieren soll, besitzt die Lösung

x1 = a b a f(b) f(a)f(a).

Aus f(a) f(b) < 0 folgt leicht, dass x1 = a + θ(b 1) mit θ ]0, 1[ und folglich x1 ]a,b[.

Wir unterscheiden nun zwischen den folgenden vier möglichen Fällen: Für alle x ]a,b[ gilt (a)f(x) > 0 f(x) > 0, (b)f(x) < 0 f(x) > 0, (c)f(x) > 0 f(x) < 0, (d)f(x) < 0 f(x) < 0.

Im Fall (a) bzw. (d) liegt die Sehne oberhalb einer monoton wachsenden konvexen bzw. unterhalb einer monoton fallenden konkaven Funktion. Daraus folgt x1 ]a,ξ[. Im Fall (b) bzw. (c) liegt die Sehne oberhalb einer monoton fallenden konvexen bzw. unterhalb einer monoton wachsenden konkaven Funktion, womit x1 ]ξ,b[ gilt. Desweiteren besitzt in den Fällen (a) und (d) f(x1) das gleiche Vorzeichen wie f(a) und in den Fällen (c) und (d) besitzt f(x1) das gleiche Vorzeichen wie f(b). Damit kann man für (a) und (d) das Intervall, auf dem die Nullstelle gesucht wird, auf [x1,b] verkürzen, für (b) und (c) sucht man ξ weiter auf [a,x1]. Wendet man dieses Verfahren wiederholt an, so bleiben ja die gegebenen Monotonie- und Konvexitätsbedingungen erhalten, und die rekursiven Formeln

xn = xn1 (b xn1)f(xn1) f(b) f(xn1) bzw.xn = a (xn1 a)f(a) f(xn1) f(a)

liefern in den Fällen (a) und (d) bzw. (b) und (c) monotone Folgen {xn}n=1 mit

a < x1 < < xn < < ξbzw.b > x1 > > xn > > ξ.

Als beschränkte monotone Folge besitzt {xn}n=1 einen Grenzwert x ]a,b[. Wegen der strikten Monotonie von f gilt dabei f(x)f(b) bzw. f(x)f(a). Geht man in der jeweiligen Iterationsformel zum Grenzwert n über, so erhält man

x = x(b x)f(x) f(b) f(x) bzw.x = a (x a)f(a) f(x) f(a).

Jede dieser Aussage ist gleichbedeutend mit f(x) = 0 und folglich x = ξ. Damit konvergiert die Folge {xn}n=1 in jedem der Fälle (a)-(d) gegen die gesuchte Nullstelle. Eine Abschätzung für den Fehler dieser Methode erhält man aus der Formel von Lagrange

f(xn) f(ξ) = f(c)(x n ξ),

wobei der Punkt c = c(ξ,xn) zwischen den Zahlen xn und ξ liegt. Daraus folgt wegen f(ξ) = 0 sofort15

|xn ξ| |f(xn)| min x[a,b]|f(x)|.

15Nach Satz 2.13.7 ist das Minimum der auf [a,b] stetigen und nichtverschwindenden Funktion |f(x)| eine positive Zahl.