3.9. Der Fixpunktsatz von Banach

Ein nicht unwesentlicher Teil der Mathematik besteht darin Gleichungen zu lösen. Eine Methode ist dabei aus der Linearen Algebra im Zusammenhang mit linearen Gleichungssystemen bekannt. Hier wollen wir eine weitere Methode zum lösen von Gleichungen kennnenlernen.
Sei (M,d) ein vollständinger metrischer Raum. Z.B M = E für einen Banachraum E mit d(x,y) = x yE. Desweiteren betrachten wir eine Abbildung T : M M.

DEfiNITION 3.9.1. Eine Abbildung T : M M auf einem vollständigen Metrischen Raum (M,d) heißt Kontraktion, falls ein α mit 0 < α < 1 existiert, so dass

d(Tx,Ty) α d(x,y)

für alle x,y M gilt.

SATZ 3.9.2 (Fixpunktsatz von Banach). Ist (M,d) ein vollständiger Metrischer Raum und T : M M eine Kontraktion, dann gibt es genau ein x M, welches die Bedingung

Tx = x

erfüllt.

Ein x M, welches die Gleichung Tx = x erfüllt, nennt man auch Fixpunkt der Abbildung T.
Satz 3.9.2 löst sofort zwei Probleme: Zum einen erhalten wir die Existenz, zum anderen die Eindeutigkeit der Lösung einer Gleichung Tx = x. Wie wir im Beweis sehen werden erhalten wir zusätzlich ein Verfahren mit dem sich die Lösung bestimmen lässt.

BEISPIEL 3.9.3. Sei f : . Für c < 1 ist f eine Kontraktion, ist vollständig. Daraus folgt f(x) = x besitzt genau eine Lösung.
Zum Beispiel falls f auf differenzierbar. Dann ist sup x f(x) < 1 und folglich ist f Lipschitz-stetig mit c < 1.

LEMMA 3.9.4. Sei T eine Kontraktion, dann ist T gleichmäßig stetig.

d Tx,Ty αd(x,y) αϵ < ϵ

Wähle δ = ϵ.

Beweis von Satzes 3.9.2:

Schritt 1: (“Alle Wege führen nach Rom.”)
Wähle ein beliebiges x0 M. Mit diesem x0 setzen wir

x1 := Tx0,x2 := Tx1,xn := Txn1.

Dies definiert eine Folge {xn}n M.

Schritt 2: (“Zeige, dass du irgendwo ankommst.”)
Wir zeigen, dass {xn}n eine Cauchyfolge ist: Es ist

d(xk,xk1) = d(Txk1,Txk2) α d(xk1,xk2) αk1 d(x 1,x0).

Damit erhalten wir für m > n, dass

d(xm,xn) d(xm,xm1) + + d(xn1,xn) (αm1 + + αn)d(x 1,x0) = αn(αmn1 + + 1)d(x 1,x0).

Der Faktor (αmn1 + + 1) konvergiert für m gegen 1(1 α) (Geometrische Reihe, da 0 < α < 1) und wir erhalten

d(xm,xn) αn 1 αd(x1,x0).

Wegen 0 < α < 1 wir die rechte Seite dieser Ungleichung beliebig klein, d.h. für n N(ε,x0) ist d(xm,xn) < ε. Die Folge {xn}n ist also eine Cauchyfolge und besitzt wegen Vollständigkeit von (M,d) einen Grenzwert

x := lim nxn.

Schritt 3: (“Jetzt muss ich zeigen, dass ich in Rom ankomme.”)
Wir zeigen nun, dass das in Schritt 2 gefundene x auch der Fixpunkt von T ist.
Wegen xn x folgt auch

d(Txn,Tx) α d(x n,x) 0.

Nun ist aber geichzeitig xn+1 = Txn und wir erhalten Tx = x.

Schritt 4: (“Letzte Frage: Gibt es nur ein Rom?”)
Wir zeigen die Eindeutigkeit des Fixpunktes. Angenommen es gibt zwei Punkte in M, welche die Eigenschaft

x = Tx,x = Tx

erfüllen, so berechnen wir ihren Abstand:

d(x,x) = d(Tx,Tx) α d(x,x).

Wegen 0 < α < 1 folgt nun aber, dass d(x,x) = 0, bzw. x = x.


Anmerkung:
Der Beweis liefert zusätzliche ein Verfahren, welches die Berechnung des Fixpunktes erlaubt. Hierfür wählt man wie in Schritt 1 ein beliebiges x0 M und wendet darauf immer wieder T an. Auf diese Weise erhält man eine Folge, welche gegen den Fixpunkt konvergiert. Der Fehler bei Abbruch nach dem m-ten Schritt kann man dabei mit Hilfe der Ungleichung

d(x,x m) αm 1 αd(x1,x0)

abschätzen.

Nichttriviales Anwendungsbeispiel: Es sei Ω = [0, 1] × [0, 1]K CΩ 2, ,

KCΩ, = max x[0,1] y[0,1] K(x,y) = α < 1

Kf : C[0, 1], C[0, 1],

v(x) Kfu (x) = f(x) 01K(x,y)u(y)dy stetig

mit f C[0, 1], .

v1(x) = Kfu1 (x) = f(x) 01K(x,y)u 1(y)dy

v2(x) = Kfu2 (x) = f(x) 01K(x,y)u 2(y)dy

v1(x) v2(x) = 01K(x,y) u 1(y) u2(y) 01 K(x,y) u 1(y) u2(y) dy 01 K CΩ,u1 u2C[0,1], unabhängig von ydy = KCΩ,u1 u2C[0,1],

Daraus folgt

v1 v2C αu1 u2C[0,1],

Somit ist Kf eine Kontaktion auf C[0, 1], . Beachte, dass C[0, 1], vollständig ist. Es folgt, dass es genau ein u C[0, 1], gibt mit Kfu = u. Das heißt u(x) = f(x) 01K(x,y)u(y)dy genau dann wenn f(x) = u + 01K(x,y)u(x)dy genau eine Lösung in C[0, 1], besitzt.
Wie löse ich die Gleichung?
1. Wähle u0 C[0, 1],
2. Iterativ: un(x) = f(x) 01K(x,y)u n1(y)dy
Mit dem Fixpunktsatz folgt unuC[0, 1], .

un u C[0,1], max x[0,1]un(x)u(x) αn 1 αu1 u0C

Zum Beispiel u0 = f

u1 u0C = max x01 K(x,y) f(y) dy α01 f(y) dy

BEISPIEL 3.9.5. Es seien E ein Banachraum und T L(E,E) mit TL(E,E) = α < 1 eine Kontraktion.

Tx TyE TLx yE

Folglich existiert genau ein x E mit tx = x (offensichtlich x = 0 ). 1 Tx = 0 genau dann wenn x = 0 also ist 1 T injektiv, weil 1 T L(E,E), ker(1 T) = {0}. Das heißt 1 T ist auf dem Bild von 1 T invertierbar. Ist aber (1 T)u = f für ALLE f E lösbar? Das heißt ist das Bild von 1 T = E? Betrachte hierzu

Tfx := Tx + f

Tfx1 Tfx2 = Tx1 Tx2 = T(x1 x2)

Tfx1 Tfx2E TL(E,E)x1 x2E

Folglich gibt es genau ein x mit Tfx = x = Tx + f (1 T)x = f. Dies gilt für beliebiges f E. Also ist 1 T auf ganz E invertierbar, falls TL < 1.