Motivation:
Seien ,
und
sei ein Zusammenhang
gegeben. Die Lösungsmenge dieser Gleichung ist ein Kreis vom Radius um den Ursprung. Wir fragen uns nun, ob wir diese Beziehung nach einer der Variablen (z.B. ) auflösen können, es also eine Funktion gibt, so dass
Sind also alle Punkte, welche die Ausgangsgleichung
erfüllen beschreibbar
durch eine Funktion ?
Dabei meinen wir nicht die Frage, ob wir die Fuktion
hinschreiben können, sondern ob es die Fukntion
prinzipiell gibt.
Global ist das nicht möglich, da zu jedem
zwei
Funktionswerte
gehören müssten, Funktionen sind aber nacheindeutige Relationen. Lokal ist dies
eventuell möglich, die Antwort kann aber auch negativ sein.
Als zweites Beispiel betrachten wir
Der geometrische Ort aller Punkte, welche diese Gleichung erfüllen sind nun die
beiden Winkelhalbierenden, welche sich im Ursprung senkrecht schneiden. In
einer Umgebung des Ursprungs ist auch eine lokale Auflösbarkeit nicht möglich.
Suchen wir nun nach geeigneten Sätzen, welche Aussagen über die Auflösbarkeit
treffen, so können wir weder globale Aussagen, noch Aussagen vom Typ “überall
lokal Auflösbar” erwarten, da diese bereits in den einfachsten Beispielen falsch
sind. Wir können jediglich lokale Aussagen, unter gewissen Voraussetzungen
erwarten.
Angenommen
lässt sich schreiben als
mit . Erfüllt der Punkt ebenfalls die Ausgangsgleichung, so ist . Gleichzeitig drücken wir mit Hilfe der partiellen Ableitungen aus und erhalten
bzw.
Ist nun , so folgt
Wäre nun eine affine
Funktion, sodass ,
so hätten wir eine auflösende Funktion gefunden. Dennoch: Sucht man
nach allgemeinen Aussagen, so müssen diese auch im Spezielfall affiner
Funktionen funktionieren und wir sehen, dass die Invertierbarkeit von
von
zentraler bedeutung sein wird.
Etwas allgemeiner seien ,
.
Unter
wollen wir dann einen Satz von Gleichungen
welche gleichzeitig erfüllt sein sollen, verstehen. Ziel ist es nun alle
-Variablen
mit Hilfe der
auszudrücken. Das wir genauso viele Gleichungen wie aufzulösende Variablen
betrachten ist dabei kein Zufall.
Um obige Rechnung nocheinmal durchzuführen betrachten wir die Jakobimatrix
Wir sehen dabei, dass die Jakobimatrix in zwei Blöcke zerfällt. Für den linken Block, welcher alle Ableitungen nach den -Variablen enthält schreiben wir im Folgenden , dies ist eine -Matrix. Für den rechten Block, welcher alle Ableitungen nach den -Variablen enthält schreiben wir im Folgenden , dies ist eine -Matrix. Explizit:
Die Verschiebung
ist dann ein Vektor in . Angenommen, wir haben wieder die selbe Relation wie oben, d.h.
wobei wir dies als Kurzschreibweise für die Gleichungen für verstehen, so erhalten wir nun
bzw.
falls
invertierbar ist.
Noch allgemeiner haben wir einen Raum für die
-Werte, einen
für die -Werte
und einen Raum in dem die Gleichungen erfüllt sein müssen.
Wir betrachten im Folgenden daher drei Banachräume
und
.
Mit
wird auch zu einem normierten Raum. Sind und vollständig, so auch . Sei nun offen in und
so definiert die Gleichung eine Teilmenge von , wobei wir annehmen, dass es ein gibt, so dass ist.
DEfiNITION 3.10.1 (Lokale Auflösbarkeit). Eine Funktion ist in einer Umgebung von lokal nach auflösbar genau dann, wenn es ein und eine Funktion gibt, sodass folgende zwei Eigenschaften erfüllt sind:
DEfiNITION 3.10.2 (Partielle Frechet-Ableitung nach Unterräumen). Seien und , . Dann ist
genau dann, wenn
für bzw.
genau dann, wenn
für .
SATZ 3.10.3 (Lokale Auflösbarkeit impliziter Funktionen). Seien Banachräume, offen und mit für ein . Desweiteren seinen die folgenden Aussagen erfüllt
Dann ist in einer Umgebung von lokal auflösbar.
Schritt 1:
Wähle
mit . Für
ein festes
betrachte
Wegen und ist auch und somit wohldefiniert. Gleichzeitig ist als ein inverser Operator gegeben, d.h. selbst wieder invertierbar und besitzt damit einen trivialen Kern. Es folgt somit
Die Abbildung ermöglicht es also das Lösungen der Gleichung in ein Fixpunktproblem zu überführen. Im weiteren Verlauf des Beweises wollen wir daher versuchen den Banachschen Fixpunktsatz auf anzuwenden.
Schritt 2:
Wir wollen nun zeigen, dass
eine Kontraktion ist für festgehaltenes
. Seien
nun .
Dann erhalten wir mit einer Anwendung des Hauptsatzes der Differentialrechnung
Wir benötigen also die Frechet-Ableitung von . Dafür betrachten wir
Subtrahieren wir beide Zeilen voneinander, ergibt das
Die untere Klammer folgt aus der partiellen Frechet-Differenzierbarkeit von in , was vorausgesetzt wurde. Wir setzen an dieser Stelle um abzukürzen . Wir fügen geschickt die Identität an der Stelle, wo das steht, ein und erhalten
Also gilt folgende Gleichheit
Offensichtlich ist . Nun wollen wir die Operatornorm von abschätzen. Da ein Produkt von zwei linearen Abbildungen ist, erhalten wir
Da nach Voraussetzung ist, ist die Norm davon eine feste Konstante. Zusätzlich wissen wir nach Voraussetzung, dass stetig ist. Aus diesem Grund existieren , so dass und erfüllt ist und zusätzlich folgende Eigenschaft gilt
Fassen wir unser Ergebnis zusammen. Für und gilt
Wir erkennen, dass die Kontraktionseigenschaft erüllt.
Schritt 3:
Dieser Schritt ist wichtig um Sicherzustellen, dass unsere
Kontraktion wirklich wieder in sich selbst abbildet. Wir wählen
. Wir
wollen in diesem Schritt folgende Aussage beweisen:
für alle . Also schätzen wir, wie folgt, ab
Für den Term können wir die Kontraktionseigenschaft aus Schritt 2 verwenden und erhalten
Wir müssen nur noch
abschätzen. Dafür verwenden wir die Defintion von , die in Schritt 1 definiert wird und berechnen damit . Wir erhalten
Die letzte Gleichheit folgt aus . Nun wissen wir nach Voraussetzung, dass stetitg ist. Also können wir so wählen, dass für alle folgendes gilt
Wir setzen nun unsere Ungleichungen wieder zusammen und erhalten
Da folgt
Schritt 4:
Wir wollen nun den Banachschen Fixpunktsatz verwenden.
Zuerst definieren wir uns unseren Banachraum. Das ist der Raum
mit
Dieser Raum ist wirklich ein Banachraum, weil einer ist und ein abgeschlossener Unterraum von ist. Für gilt zudem
Das liegt an der Eigenschaft aus Schritt 3, dass für folgt
Dass die Operatornorm von unter unseren Voraussetzungen kleiner eins ist, wissen wir aus Schritt 2. Also wenden wir den Fixpunktsatz von Banach an und erhalten ein eindeutiges mit
Anmerkung: Die so gefundene Funktion
ist stetig im Punkt
, was aus der Definition
von folgt und der
Tatsache, dass
stetig in
vorausgesetzt wurde.
Frage: Was kann man nun über die Funktion
aussagen. Man kann sie meistens nicht explizit hinschreiben. Trotzdem möchte
man die Minima bzw. Maxima berechnen. Der folgende Satz hilft uns für diese
Fragestellung.
SATZ 3.10.4. Ist unter den Voraussetzungen des vorigen Satzes partiell in Frechet-differenzierbar und ist stetig im Punkt , dann ist im Punkt Frechet-differenzierbar und
Zu allererst wissen wir, dass gilt. Zusätzlich verbinden wir , so wie , so dass die Gleichung immer noch erfüllt ist. Nun wenden wenden wir den Hauptsatz der Differentialrechnung in der x-Koordinate an und erhalten
Wir machen dasselbe nun in der y-Koordinate für
An dieser Stelle wollen wir folgenden Term abschätzen
Nun können wir die Ungleichungen, die wir davor bewiesen haben verwenden und erhalten schließlich
Mit dieser Ungleichung arbeiten wir später weiter. Weiterhin für und mit , zeigen wir, dass
Zuerst geben wir eine Normabschätzung an
folgt
An dieser Stelle schätzen wir wieder, wie im vorherigen Satz in Schritt 2, wie folgt ab
Offensichtlich folgt nun
Die untere Klammer folgt aus der Voraussetzung, dass Frechet differenzierbar in ist. Weil ist gilt
Für hinreichend kleines mit folgt
An dieser Stelle wenden wir uns nochmals unserer Abschätzung, die wir zu Beginn gemacht haben
Die Eigenschaft des folgt aus der Stetigkeit von bzw. nach Voraussetzung. Also gilt
Das Landau-Symbol verändert sich nicht, wenn wir auf ihn einen linearen Operator anwenden. Daher gilt
Mit folgt
die Definition der Frechet-Ableitung.
Merkregel: Wenn wir uns die Funktion
betrachten,
wobei und
und voraussetzen,
dass
in
stetig differenzierbar ist, erhalten wir indem wir
nach
ableiten und die Kettenregel verwenden
Sofern nun die Inverse von existiert, ergibt sich
BEISPIEL 3.10.5. Sei mit . Wir leiten folgende Gleichung nach ab.
und erhalten mit der Kettenregel
In diesem Fall erhalten wir die von uns bekannte Formel
Da wir im skalaren Fall sind, ist die Division tatsächlich definiert. Wir verwenden diese Formel um zu berechnen für unser altbekanntes Beispiel:
Offensichtlich gilt und , also ist
Das hätte man in diesem Fall auch direkt sehen können, indem man
nach
ableitet.
Man erkenne, dass es keine lokale Auflösbarkeit in einer Umgebung um die Punkten
und
gibt,
da in
diesen Punkten verschwindet.
Frage: Wie berechnet man in diesem Fall
?
Hierfür starten wir mit unserer bekannten Formel
und leiten diese ein weiteres mal nach ab. Mit der Produkt- und Kettenregel erhalten wir
Weil unsere zweiten partiellen Ableitungen stetig sind, gilt . Somit lässt sich unser Ergebnis folgendermaßen vereinfachen
Weil wir im skalaren Fall sind, dividieren wir durch
Für verwenden wir, die schon hergeleitete Formel . Somit erhalten wir insgesamt
Hausaufgabe: Berechnen Sie mit dieser Formel , wobei offensichtlich und gelten, um die Rechnungen zu vereinfachen. Zusätzlich überprüfe man sein Ergebnis, indem man die Ableitung von
direkt berechne.
BEISPIEL 3.10.6. Es seien nun und . Wir betrachten die Gleichung
Frage: Wie berechnet man ? Wie schon im vorherigen Beispiel verwenden wir die Gleichung und leiten diese nach ab
Wir lösen die Gleichung nach auf und erhalten
Aufgabe: Berechnen Sie auf ähnliche Weise wie im vorherigen Beispiel und .
An dieser Stelle wollen wir kurz diskutieren, was passiert, wenn wir die Rolle der Variablen tauschen. Das heißt konkret, dass wir annehmen können, dass wir die Gleichung mit , jeweils lokal nach oder auflösen können. Wie in Beispiel erhalten wir folgende drei Gleichungen, indem wir die Gleichung jeweils nach und ableiten
Nun multiplizieren wir diese miteinander und erhalten
Man sollte sich nicht zu dem Gedanken verleiten lassen, dass sich die partiellen Ableitungen einfach kürzen, denn es steht auf der rechten Seite .
BEISPIEL 3.10.7. Wir nehmen folgendes Szenario an. Seien und . Wir betrachten eine glatte Funktion mit und wollen uns fragen, wann diese invertierbar ist. Dazu definieren wir uns die Abbildung und setzen wie gewohnt
Wir wollen nun darstellen als Inverse von , d.h. . Damit wir eine lokale Auflösbarkeit bekommen, muss nach dem Satz der lokalen Auflösbarkeit impliziter Funktionen gelten, dass existiert. In unserem Fall ist
die Frechet Ableitung von und diese muss invertierbar sein! Wir erkennen zusätzlich, dass ist und verwenden die bekannte Formel aus Satz 3.10.4
BEISPIEL 3.10.8. Wir wollen nun Beispiel 3.10.7 im diskutieren, das heißt . Die Gleichung lässt sich wie folgt darstellen
Wir leiten nun alle Gleichungen jeweils nach allen Raumrichtungen in ab und erhalten dann für die Frechet-Ableitung von
Nun folgt, dass die Existenz von genau dann gewährleistet ist, wenn als Matrix invertierbar ist. Dieses ist äquivalent dazu, dass . Nehmen wir nun an, dass wir invertieren dürfen. Wir erhalten dann die folgenden Gleichungen
Wir berechnen nun die Frechet-Ableitung von und erhalten
Wir verwenden nun die Formel , die in Beispiel 3.10.7 hergeleitet wurde und erhalten den folgenden Zusammenhang
Die Invertierbarkeit ist im Sinne einer Matrix zu bestimmen. Man beachte, dass im Allgemeinen die folgende Ungleichheit gelte .
Bis jetzt haben wir noch keine Aussage darüber, ob Frechet-differenzierbar ist, sofern Frechet-differenzierbar war. Der nächste Satz klärt auf.
SATZ 3.10.10 (Umkehrfunktion). Es gelte , wobei offen sein soll. Sei mit und . Weiterhin sei
als Matrix invertierbar. Dann gibt es offene Mengen , , so dass
ein -Diffeomorphismus ist.
Wir wollen diesen Satz nicht beweisen, sondern an dieser Stelle wollen wir wissen, wie dieser Satz wirkt. Dafür betrachten wir folgendes Beispiel.
BEISPIEL 3.10.11. Wir betrachten die Abbildung die auf ihre Polarkoordinaten abbildet. Also konkret sei mit folgender Funktionsvorschrift gegeben
Wir berechnen nun die Frechet-Ableitung von und erhalten
Offensichtlich ist . Wenn wir uns also außerhalb einer Umgebung um die Null bewegen, haben wir hier einen -Diffeomorphismus vorliegen für . Der Grund dafür ist die lokale Invertierbarkeit da und alle partiellen Ableitungen von glatt sind, was mit einer Anwendung des vorherigen Satzes bedeutet, dass auch glatte partielle Ableitungen besitzt.