3.12. Extremwerte von Funktionen mehrerer Veränderlicher

Es sei nun eine Funktion f : G E gegeben, wobei G offen und E ein Banachraum sei.

DEfiNITION 3.12.1. f besitzt im Punkt x G ein lokales Maximum, genau dann wenn

ϵ > 0x Uϵ(x) G : f(x) f(x) und ein strenges Maximun genau dann wenn f(x) > f(x).

Ersetzen wir durch erhalten wir ein lokales Minimum bzw. > durch <, erhalten wir ein strenges Minimum.

SATZ 3.12.2. Die Funktion f nehme im Punkt x G ein lokales Minimum oder Maximum an. Es existiere in Richtung h E die Richtungsableitung Df(x)h, so gilt

Df(x)[h] = 0.

Wir betrachten die Funktion f(x + th) = g(t), welche ein Extremum im Punkt t = 0 besitzt. Weil g differenzierbar in t = 0 ist, verwenden wir den Satz von Fermat und erhalten

0 = dg dt (0) = Df(x)[h].


Man bemerke, dass dieser Satz ein notwendiges Kriterium für lok. Minima bzw. Maxima ist, aber kein hinreichendes, wie schon in n = 1 bekannt für das Beispiel f(x) = x3.

Spezialfall: Sei nun E = n und x := (x1,,xn). Falls f : U n einen lokalen Extremwert in x U besitzt und falls f xj x=x existiert, gilt

f xj x=x = 0

für 1 j n.

KOROLLAR 3.12.3. Ist f im Punkt x Frechet-differenzierbar und f besitze im Punkt x ein lokales Minimum bzw. Maximum, so ist

f(x) t = f(x) = 0 L(E, ).

DEfiNITION 3.12.4. Der Punkt x heißt kritische Punkt von f genau dann wenn f(x) = 0, wobei in diesem Fall mit 0 der Nullvektor im n gemeint ist.

Falls f in x differenzierbar ist, so ist f(x) = 0 eine NOTWENDIGE Voraussetzung für die lokalen Minima , bzw. Maxima von f.

Wir leiten nun ein hinreichendes Kriterium her. Es sei nun f C2(G, ) mit zugehöriger Hesse-Matrix

Hf := f2 x1x1 f2 x1xn f2 x1xn f2 xnxn .

Dann ist Hf symmetrisch. Wir wollen nun die folgenden Begriffe aus der linearen Algebra wiederholen:

DEfiNITION 3.12.5. Die Matrix Hf heißt positiv definit, falls ein ε > 0 existiert mit

Hfh,h εh2,h n.

Sie heißt negativ definit, falls

Hfh,hεh2,h n,

für ein ε > 0 gilt.

Damit lassen sich die folgenden hinreichenden Kriterium für die Existenz eines lokalen Extrempunktes formulieren.

SATZ 3.12.6. Es sei f C2(G, ) und x G mit f(x) = 0. Dann gilt:

  1. Ist Hf im Punkt x positiv definit, so liegt im Punkt x ein lokales Minimum vor.
  2. Ist Hf im Punkt x negativ definit, so liegt im Punkt x ein lokales Maximum vor.
  3. Existieren h+,h n mit Hfh+,h+ > 0undHfh,h < 0,

    so kann im Punkt x kein lokales Extremum vorliegen.

Wir wollen exemplarisch den 1. Fall betrachten, die anderen Fälle werden analog bewiesen. Sei also Hf positiv definit. Dann folgt aus der Taylorschen Formel

f(x + h) = f(x) + f(x) h + 1 2Hfh,h + o(h2) = f(x) + 1 2Hfh,h + o(h2) f(x) + εh2 + o(h2) > 0,

falls h klein genug.

Man beachte, dass der Satz nicht alle Fälle behandelt. Die anderen Fälle sind mit dem eindimensionalen Fall vergleichbar, bei dem 1. und 2. Ableitung gleichzeitig verschwinden.

Wie lassen sich nun die entsprechenden Kriterien überprüfen? Aus der linearen Algebra ist bekannt, dass sich die Hesse-Matrix (ausgewertet im Punkt x) als symmetrische Matrix diagonaliseren lässt. Also existiert ein vollständiges System aus paarweise orthogonalen Eigenvektoren zu den Eigenwerten

λ1 λ2 λn.

Dann gilt für alle h n

λ1h2 H fh,h λnh2.

Damit lassen sich die obigen Kriterien folgendermaßen umformulieren:

Wir wollen nun eine einfache Methode vorstellen, mit der man diese Kriterien im 2-dimensionalen Fall nachprüfen kann, ohne explizit die Eigenwerte auszurechnen. Sei also n = 2. Dann hat die Hesse-Matrix die folgende Form

Hf = ab b d

Für die Eigenwerte λ1 und λ2 gilt

det(Hf) = λ1 λ2 und tr(Hf) = λ1 + λ2,

wobei det(Hf) = ad b2 die Determinante und tr(Hf) = a + d die Spur der Hesse-Matrix bezeichnen. Damit haben die Eigenwerte genau dann das gleiche Vorzeichen, falls det(Hf) > 0 gilt. Ist in diesem Fall tr(Hf) > 0, so ist die Matrix positiv definit. Analoges gilt für negative Definitheit. Dies ist der folgenden Tabelle noch einmal zusammengefasst:





tr(Hf) > 0tr(Hf) < 0








det(Hf) > 0 0 < λ1 λ2
Hf ist positiv definit
λ1 λ2 < 0
Hf ist negativ definit




det(Hf) < 0
λ1 < 0 < λ2




Dieser Ansatz lässt sich nicht auf den Fall n 3 verallgemeinen. Zwar gelten analoge Formeln für die Determinante und die Spur, aber diese erlauben keine Rückschlüsse auf die Vorzeichen der einzelnen Eigenwerte.

BEISPIEL 3.12.7. Gegeben sei f : 2 ,

f(x,y) := x3 3 + y3 x2y + xy2 x + 1.

Wir wollen die lokalen Extrema der Funktion f bestimmen. Dazu berechnen wir zunächst deren kritische Punkte. Es gilt

f x = x2 2xy + y2 1 = (x y)2 1= !0 f y = 3y2 x2 + 2xy = (3y x)(x + y)= !0

Damit ergeben sich die folgenden kritischen Punkte

3 2, 1 2 , 1 2,1 2 , 3 2,1 2 , 1 2, 1 2 .

Der nächste Schritt ist die Bestimmung der Hesse-Matrix. Es gilt

Hf(x,y) = 2x 2y 2x + 2y 2x + 2y 2x + 6y .

Diese muss nun in jedem der oben ausgerechneten Punkte auf Definitheit untersucht werden. Für den Punkt (3 2, 1 2) ergibt sich zum Beispiel

Hf 3 2, 1 2 = 2 22 6 .

Dann gilt det Hf = 8 > 0 und trHf = 8 > 0. Also ist die Matrix positiv definit und es liegt ein lokales Minimum vor.

AUFGABE 3.12.8. Überprüfen Sie, ob in den anderen Stellen jeweils ein lokales Minimum oder Maximum vorliegt.