1.4.4. Das Integralkriterium von Cauchy.

Wir haben bereits angemerkt, daß man Reihen als Spezialfälle von uneigentlichen Integralen auffassen kann. Dann ist es aber auch möglich, aus der Konvergenz gewisser Integrale auf die Konvergenz bestimmter Reihen zu schließen.

SATZ 1.4.8. Es sei ak 0 für k . Die Funktion f : [0, +[ [0, +[ sei monoton fallend und es gelte

f(k 1) = ak,k .

Dann konvergiert das uneigentliche Integral 0f(x)dx genau dann, wenn auch die Reihe k=0a k konvergiert. Dabei gilt

k=2a k 0f(x)dx k=1a k. (1.4.4.1)

Als monotone Funktion ist f auf jedem endlichen Intervall [0,c] integrierbar. Es sei

g(x) = ak für x [k 1,k[,k , h(x) = ak+1 für x [k 1,k[,k .

Dann gilt

h(x) f(x) g(x),x 0,

und damit nach die charakteristische Funktion des Intervalles [k 1,k[, k . Wegen

0g(x)dx = k=1a k,0h(x)dx = k=2a k,

so konvergieren nach Satz 1.4.1 und 1.4.2 die Reihe k=1a k und das uneigentliche Integral 0f(x)dx gleichzeitig und es gilt (1.4.4.1).

Mit Hilfe der Ungleichung (1.4.4.1) kann man den numerischen Wert von Reihen durch den numerischen Wert von uneigentlichen Integralen abschätzen. Dabei ist es oft nützlich, eine endliche Anzahl von Summanden direkt aufzusummieren und dann (1.4.4.1) auf den verbleibenden Rest der Reihe anzuwenden.

BEISPIEL 1.4.9. Die harmonische Reihe k=1 1 kα konvergiert für α > 1 und divergiert für α 1, da daß uneigentliche Integral

0 dx (1 + x)α =1dx xα = lim y1ydx xα = 1 α1 y1α 1 , α1, ln y, α = 1,

für α > 1 konvergiert und für α 1 divergiert.

AUFGABE 1.4.10. Schätzen Sie mit Hilfe von (1.4.4.1) die Summe k=1 1 k2 bis auf eine Genauigkeit von 102 ab!

BEISPIEL 1.4.11. Wir untersuchen die Reihe k=2 1 k ln k auf Konvergenz. Die Analysis der entsprechenden Integrals

1 dx (x + 1) ln(x + 1) =2 dx x ln x = lim y2yd ln x ln x = lim y ln ln x2y

zeigt, daß diese Reihe divergiert.

Betrachtet man hingegen das modifizierte Problem k=2 1 k(ln k)1+α mit α1, so führt die entsprechende Rechnung auf

2 dx x(ln x)1+α = lim y2y d ln x (ln x)1+α = lim y 1 α 1 (ln x)α 2y.

Letzterer Ausdruck konvergiert für α > 0 und divergiert für α < 0. Gleiches gilt damit auch für die Reihe k=2 1 k(ln k)1+α.

AUFGABE 1.4.12. Für welche β konvergiert die Reihe

k=k0 1 k ln k(ln ln k)1+β?

 

AUFGABE 1.4.13. Es sei {ak}k=1 eine monotone Folge positiver Zahlen und die Reihe S = k=1a k konvergiere. Beweisen Sie, daß dann

ak = k1S,k ,

gilt.